Kürzlich war ich mal wieder in der alten Heimat, in Nürnberg unterwegs. Ich hatte etwas Zeit und so lief ich zu Fuß vom Hauptbahnhof über den Hauptmarkt zum Rathenauplatz, um dort in die Straßenbahn Richtung Erlenstegen einzusteigen.
Hier, links neben der Frauenkirche, in der Ecke wo der Sonnenschirm steht, hatten wir zum ersten Mal einen Stand am Trempelmarkt in Nürnberg. War wohl 1972 oder so.
Hier ist meine Mutter grade im Gespräch mit Trudi…Mama war die geborene Verkäuferin. Papa saß irgendwo daneben in einem Campingstuhl und rauchte und las Zeitung. Als Mama selbst mal unterwegs war und ich verkaufen sollte, verkaufte ich die Ritterfiguren meiner Brüder. „Viel zu billig hast du die hergegeben!“ …das bekam ich noch 30 Jahre später von Mama zu hören.
Ein Jahr später hatten wir hier einen Verkaufsplatz. Ich hatte mit viel Geduld Kämme bemalt, die von der Kammfabrik von Tante Marie in der Fürtherstraße übrig waren und hatte Fimofiguren gebastelt. Ich dachte, ich könnte dies alles gut verkaufen. War leider nicht so.
dann um die Ecke Richtung Laufer Schlagturm. Diesen Weg bin ich sehr oft gegangen, allein oder mit Freundin Doris. Entweder auf dem Weg zur Plakaterie, eine Teestube, oder noch viel öfter zur Meisengeige. Hinten sieht man die Egidienkirche, hier haben Doris und Karl geheiratet.
Dieses Gebäude im Hintergrund mit den Bögen oben an der Fassade hat Mama auf einem ihrer Bilder gemalt. Ein Ölbild mit Blattgold, es gewann den dritten Preis bei einem Wettbewerb mit Nürnberger Motiven. Und Mama hat es verkauft.
Jetzt sind wir schon fast da, bei der Meisengeige. Diese kleine Galerie gibt es schon, so lange ich denken kann…
Vorne links ist sie, die Meisengeige. Vorher noch diese Briefkästen, uralt!
Und das ist sie: Die Meisengeige. Kino und Kneipe. Die Gebrüder Weber eröffneten sie einst, es war ihr erstes Kino in Nürnberg. Später kam das Casablanca dazu, ein Kino in Erlangen und dann das riesengroße Cinemaxx! Ins Kino ging ich eigentlich nie. Ein Film, den ich dort zusammen mit Doris sah, war: „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und „Harold und Maude“. Meist ging ich nur hin, um dort jemanden zu treffen, interessante Leute anzuschauen. Künstler und Studenten trafen sich dort. Mama fand es schrecklich, dass ich dort hinging. Sie legte mir dann abends Zettel mit Bibelsprüchen aufs Kopfkissen, die ich fand, wenn ich nachhause kam. Darauf stand z.B. „Sitz nicht,wo die Spötter sitzen….“ oder ähnliche Hinweise.
Doris und ich fanden es dort aber superklasse. Und wenn wir dort niemanden trafen, zogen wir weiter zum Casablanca am Aufsessplatz. Einmal verpassten wir die letzte U Bahn Richtung Langwasser, nach Hause. Wir überlegten,ob wir den langen Weg heimlaufen sollten. Die Eltern mitten in der Nacht anzurufen, damit sie uns abholten, war undenkbar. Wir waren grade mal 16/17 Jahre alt. Schließlich sprachen wir mitten in der Nacht einen Mann auf der Straße an, der gerade in sein Auto einsteigen wollte. Wir fragten ihn, ob er uns ein Stück Richtung Langwasser fahren könnte. Und hatten dabei natürlich ganz schön Schiß, es hätte ja ein Bösewicht sein können. Er öffnete die hintere Wagentür, und sagte: „Bitte einsteigen! Bitte einsteigen…“ sonst nichts. Wir dachten, dass er betrunken war und hatten noch mehr Schiß, aber was hätten wir tun sollen? Ein Taxi hätten wir uns auch nicht leisten können. Er fuhr uns dann wirklich bis nach Hause, ließ uns brav aussteigen und wir waren heilfroh, und hatten sicher mehr Glück als Verstand gehabt.
Mein Weg ging an diesem Tag in Nürnberg noch weiter, am Laufer Schlagturm vorbei. Hier in einem dieser gelblichen Häuser besuchte ich meinen ersten Nähkurs. Mit 14 hatte ich mir von selbstverdientem Geld meine erste Nähmaschine, eine Elna Lotus Sp gekauft. Mama spendierte mir dazu einen Nähkurs. Ich fuhr dorthin mit der Straßenbahn und wollte mir einen vorne durchgeknöpften Jeansrock nähen, wie sie damals modern waren. Mama kaufte mir aber nur einen Fakejeansstoff, weil der billiger war. Ich nähte den Rock, zog ihn aber kaum an. Aber nähen hab ich immerhin gelernt.
So, jetzt bin ich am Rathenauplatz angekommen. Hier steige ich in die Straßenbahn Linie 8, die hier rechts abbiegt, Richtung Erlenstegen. Unterwegs fährt sie vorbei an der Freien evangelischen Gemeinde in der Krellerstraße, wo ich zwei Jahre lang den biblischen Unterricht besuchen musste. Der Weg von Langwasser per U-und Straßenbahn dorthin kam mir damals länger vor, als heute meine Reisen von Hannover nach Nürnberg…
Die Straßenbahn fährt auch am Langseebad vorbei, das war DAS Freibad, in dem die Künstler und tollen Leute schwimmen gingen, zu denen ich mich so gern gezählt hätte. Und schließlich endet diese Straßenbahnfahrt hier:
In Erlenstegen. Eigentlich ein Wohngebiet, wo Villen stehen und die Reichen wohnen. Aber auch solche Bruchbuden stehen da noch rum. In Erlenstegen wohnt meine Kusine und Patentante. Seit mehr als vierzig Jahren war ich nicht bei ihr zuhause. Früher hatte ich mal Mathenachhilfe bei ihrem Mann…leider hab ich Mathe nie kapiert. Jetzt habe ich sie hier besucht, zusammen mit meinem Bruder. War ein schönes Erlebnis, dieser Weg durch Nürnberg mit abschließendem Besuch. Ein Eintauchen in alte Zeiten….