Vieles erscheint mir in letzter Zeit so paradox, so widersprüchlich, deshalb gibts heute mal einen sehr textlastigen Beitrag, fast ohne Bilder…
Ich frage mich, ob man im Leben irgendwann, irgendwas dazu lernt?
Als ich noch voll im Berufsleben war, Haus und Familie zu versorgen und kaum Zeit für künstlerisches hatte, hatte ich viele Ideen und Wünsche, die ich gern in Mal- und Bastelprojekten umgesetzt hätte. Jetzt habe ich jede Menge Zeit, aber die Ideen und Wünsche werden immer weniger…
Als ich kaum Geld hatte, stand ich als Kind und auch als Erwachsener vor vielen Schaufenstern und träumte davon, mir dies oder jenes leisten zu können. Jetzt könnte ich es mir leisten, stehe davor und denke: Brauche ich es wirklich? Und meistens stelle ich fest, dass ich es nicht brauche.
Als Jugendlicher wollte ich nachts aufbleiben, mir nicht sagen lassen, wann ich ins Bett gehen soll…ein paar Jährchen später hatte ich selbst Kinder und habe ihnen vorgeschrieben, wann sie ins Bett müssen.
Als ich meine Mutter mit den Kindern zusammen besuchte, jammerte sie immer, dass sie dann so viel Arbeit mit uns hat ( „wenn ihr da seid, muss ich immer so viele Treppen laufen…“) Ich hasste es, wenn sie das sagte, weil es mir das Gefühl gab, nicht willkommen zu sein. Heute, wenn ich viele Gäste im Haus habe, ertappe ich mich bei ähnlichen Gedanken ( „oh, nochmal nach oben laufen…“)obwohl es mir Freude macht, Gäste zu haben.
Eine Person hat zuhause ziemliches Chaos. Geht aber gerne in einer Firma arbeiten und sorgt dort prima und zuverlässig für Ordnung im Lagerraum.
Männer putzen die Felgen ihres Autos mit der Zahnbürste, um jeden Winkel zu erreichen, sie wienern und polieren die Karosserie. Zuhause sehen sie nicht die Flusen auf dem Boden, die Krümel oder das schmutzige Waschbecken, das dringend Reinigung bräuchte.
Man isst selbst Süßes auf Frust oder um sich zu trösten oder aus Langeweile. Man hängt stundenlang vor der Glotze ab, weil man sich ablenken oder ausruhen will. Gleichzeitig verbietet man beides seinen Kindern, oder erwartet, dass sie sich selbst regulieren und einsehen, dass beides nicht gut für sie ist.
Oder man will unbedingt Mama sein und Kinder haben, man stellt sich das so schön vor. Kaum wird’s schwierig, macht man den Kids Vorwürfe, sie seien undankbar und anstrengend…
Meine Mutter hat Zeit ihres Lebens über diverse Lehren der katholischen Kirche geschimpft. Nun lebt sie schon seit über zwei Jahren in einem Altenheim- der katholischen Kirche!
Man schickt sein Kind an manchen Tagen gegen seinen Willen in den Kindergarten, obwohl man selbst keine guten Erinnerungen an die eigene Kindergartenzeit hat.
Man hat die meisten, schlimmsten Missverständnisse mit denen, die man am meisten liebt.
Ein Kind lernt am allermeisten in seinen ersten drei Lebensjahren. Jeden Tag kommt eine Menge Neues hinzu. Trotzdem weiß es später kaum etwas, was es in diesem Zeitraum tatsächlich erlebt hat.
Wenn ein neues Geschwisterchen geboren wird, kommt meist das ältere Kind zu kurz und leidet darunter, dass das jüngere immer vorgeht. Trotzdem machen es dann die älteren Geschwister mit ihren eigenen Kindern meist wieder ganz genauso, wie sie es selbst erlebt haben.
Wir können heute so vieles, was man früher nicht konnte: per Video telefonieren, mit der ganzen Welt in Verbindung treten, alle nur erdenklichen Dinge weltweit bestellen, es gibt Apps für alles von Budgetplanung bis Zeitmanagement, künstliche Intelligenz wird bald vieles ersetzen, Roboter werden alte Menschen in Heimen automatisch versorgen.
Könnte nicht jemand eine App erfinden/künstliche Intelligenz einsetzen, um zwischenmenschliche Probleme zu lösen, um Konflikte zu klären, Trost und Liebe zu geben, Hunger zu stillen?
Könnte man nicht ohne Fahrbahnschäden zum Himmelreich gelangen? Oder ist das eine Sackgasse?
Gibts da nicht ne App für???